Täglich sehen, hören und lesen wir in den Medien von der “alltäglichen Gewalt”. Doch leider ist hier immer nur die Rede von einem sehr eingegrenzten Gewaltbegriff – dem der körperlichen Gewalt gegen andere Menschen und der Gewalt gegen Sachen. Es ist schon makaber, dass Gewalt gegen Sachen (richtig wäre “Sachbeschädigung”) ein größeres Vergehen ist als die Gewalt gegen Menschen, die ich im Weiteren darstellen werde. Es geht nicht darum, dass über diese Themen nicht berichtet wird; vielmehr geht es mir darum, dass diese Tatsachen nicht als das bezeichnet werden, was sie letztendlich sind, nämlich Alltägliche Gewalt:
Da gibt es die wirtschaftliche Gewalt: Es ist nahezu jedem Arbeitgeber erlaubt, aus unfähiger Betriebsführung oder Gewinnsucht “seine” Mitarbeiter auf die Straße zu setzen und sie damit ihrer wirtschaftlichen Grundlage zu berauben.
Da gibt es die politische Gewalt: Obwohl Millionen Menschen in Armut leben müssen, wird das Arbeitslosengeld II entgegen besseren Wissens nicht erhöht, werden nicht die Arbeitslosen unterstützt, sondern die Unternehmer mit Ein-Euro-Jobs, Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, 400 €-Jobs (die immer mehr die Vollzeitbeschäftigung verdrängen) und ergänzendem Arbeitslosengeld II.
Da gibt es die soziale Gewalt: Altbundeskanzler Schröder hat vor Jahren die Arbeitslosen beleidigt, ohne sich je dafür zu entschuldigen und ohne je dafür wegen Volksverhetzung (die Arbeitslosen gehören tatsächlich noch zum Volk!) und übler Nachrede juristisch belangt zu werden. Und dieses Denken ist auch heute leider immer noch vorherrschend.
Da gibt es die psychische Gewalt: “Und willst Du nicht mein Bruder sein, so schlag ich Dir den Schädel ein.” Anders kann ich es nicht bezeichnen, wenn Arbeitgeber ihre Mitarbeiter und der Staat seine Bürger unter den Druck wirtschaftlicher Sanktionen setzen dürfen.
Das alles hat System: Die Menschen sollen zermürbt und ausgelaugt werden. Beständige und erfolgreiche Gegenwehr soll verhindert werden und wird es in den allermeisten Fällen auch. Der Einzelne ist viel zu ausgelaugt, als dass er sich noch wehren kann. Hinzu kommt, dass diesen Menschen häufig die Solidarität verweigert wird.
Die alltägliche Gewalt ist auch mit meiner hier geschilderten erweiterten Sichtweise nur annähernd beschrieben, weil das Thema äußerst verzweigt und vielschichtig ist. Vielmehr will ich auch mit diesem Beitrag nicht missionieren, sondern zum Denken über den Tellerrand hinaus anregen – und vielleicht auch ein Stück zum eigenen Handeln.
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