von Pani K.
Liebe Freundinnen und Freunde,
am 1. Juni habe ich als Delegierte des Netzwerks Ella am Marsch der Überlebenden von Prostitution und deren Verbündeten teilgenommen - organisiert von Space Int., diesmal in Kanada. [1]
Der Marsch selbst dauerte etwa drei Stunden durch die Innenstadt von Montréal. Viele Überlebende, Mitstreitende und Freundinnen aus aller Welt waren dabei versammelt. Davor und danach gab es noch Kundgebungen.
Es war ganz anders als 2019 in Deutschland: freundliche Polizei, zujubelnde Menschen auf der Straße, viele Aktivistinnen, große Solidarität und Kampfgeist. Und auch sehr positiv - keine Bordelle oder Werbung für Sex-Industrie in der Innenstadt.
Der Tag war sehr sonnig und heiß, man sollte Sonnenschutz und genug Wasser dabei haben. Natürlich hatte ich auch mein Survivor-Shirt an, mit der Aufschrift "PROTECT OUR DIGNITY - NORDIC MODEL NOW", wie bereits 2019 beim Marsch in Deutschland.
Ich habe versucht immer vorne zu marschieren und mit dem Ella-Flyer zu wedeln. Es war nicht einfach, denn Space Int. bestand darauf, dass nur ihre Mitfrauen den vorderen Banner tragen und in der ersten Reihe gehen sollen. Ich habe mich jedoch nicht verdrängen lassen und bin freundlich einfach weiter marschiert.
Danach gab es eine offene Willkommens-Runde und viele Überlebende haben kurz gesprochen, etwa zwei bis drei Minuten. Einige von ihnen waren sehr bewegt und haben geweint... Auch Alexine aus Frankreich und Valérie aus Kanada haben gesprochen, die ich seit dem Marsch in Deutschland kenne.
Ich wollte spontan auch etwas sagen und habe über mehr als 110 ermordete Opfer in Deutschland gesprochen, darüber dass die deutsche Regierung die Stimmen der Überlebenden ignoriert und dass wir dringend das Nordische Modell brauchen - in Deutschland, in Belgien, in Neuseeland und in jedem Land der Welt. Ich hoffe, die anwesenden Menschen konnten mich trotz meines schlechten Englisch verstehen. Es war ein langer und sehr emotionaler Tag. Ich habe auch mit Überlebenden aus Neuseeland gesprochen, über die vielen ermordeten Frauen in Prostitution...
CAP Int. hat als Co-Organisatorin viel fotografiert und gefilmt. [2]
Leider wurde Netzwerk Ella - die größte Organisation von Frauen aus Prostitution im gesamten DACH-Raum - von Organisatorinnen nicht eingeladen, weder als Rednerin noch als Gast. Und auch sonst keine einzige Überlebende der Prostitution aus Deutschland, Österreich oder Schweiz, wie es mir scheint.
Wobei es für nicht eingeladene Überlebende, die am Marsch teilnehmen wollten, keine finanzielle Unterstützung gab, um die Reisekosten zu decken. Solidarität und Egalität sehen anders aus, finde ich... Denn beides ist wichtig und unerlässlich: "Überlebenden zuhören" wie "Überlebende unterstützen", insbesondere die Aktivistinnen!
Es kann sein, dass es mein letzter Marsch war, auch wenn es sehr traurig wäre. Denn die öffentliche Wirkung ist enorm hoch und die Idee an sich ist absolut richtig! Auch die internationale Vernetzung mit anderen Überlebenden ist wichtig und Mut machend, wirklich stärkend!
An dieser Stelle erneut unser Dank an KOFRA e.V. und die vielen privaten Spenderinnen, die durch ihre Unterstützung die Teilnahme des Netzwerks Ella an diesem Marsch der Überlebenden möglich gemacht haben:
Ein herzliches Danke für Eure Solidarität und Unterstützung!
Nur gemeinsam sind wir stark!© Pani K.
Netzwerk Ella - 2024
Quellen:
Video: Valérie, privat
[1]
https://www.spaceintl.org/join-us-for-a-survivor-march-walk-in-solidarity/[2]
https://photos.google.com/share/AF1QipPE55VqbakzYeo0bJZUlJKkPrNmL5BkTtrv9A84dTWfk-zYkplmB4vU-q-dDzN8dA?key=NmZuS2RvRV9veGlpRERIcTJFRWJ6TW96Wlpia25n