[l] Habt ihr schon darüber nachgedacht, was für Lektionen wir aus dem Ukraine-Krieg ziehen könnten und sollten?
Man könnte ja z.b. sagen: Wir brauchen jetzt mehr Waffen. Mehr Abschreckung. Wenn jemand irgendwo rummarodiert, direkt bei denen zivile Infrastruktur wegbomben. Am besten so richtig mit Brandbomben verbrannte Erde.
Das wäre der Israel-Ansatz. Vorher klar ansagen: Wer sich daneben benimmt, kriegt direkt asymmetrisch ein Vielfaches dessen aufs Maul, das er bei anderen für Schaden angerichtet hat.
Sozusagen Bud-Spencer-Diplomatie.
Oder man könnte sagen: Die ökonomische Einbindung Russlands hat nach dem Mauerfall relativ erfolgreich für Frieden gesorgt. Klar, es gab den Kosovo-Krieg, und es gab Grenzscharmützel in Georgien und der Ukraine, aber keinen wirklich großen Krieg wie jetzt. Das ist das richtige Modell, wir brauchen mehr davon.
Ich frage mich ja, in wie weit das gar keine Frage von ökonomischer Einbindung war. Bei mir ist das so, gefühlt, dass eine negative Rückmeldung zehnmal so viel Gewicht hat wie eine positive Rückmeldung. Ich glaube, dass das universell so ist.
Du hast ja im Kopf einen Film, in dem du der Held bist. Du machst ja keine Dinge, bei denen du davon ausgehst, dass die Leute das Scheiße finden werden. Beziehungsweise wenn du das machst, dann interessiert dich auch das Feedback nicht.
Daher ist in deinem geistigen Modell der Welt die Erwartungshaltung, dass die Leute das alle geil finden werden, was du gerade machst. Daher bewertest du positives Feedback nicht so stark, denn das entspricht ja deiner Erwartungshaltung.
Negatives Feedback hingegen ist grundsätzlich eine Überraschung, wiegt viel belastender als positives Feedback aufbauend wirkt.
Ich erwähne das, weil ich den Eindruck habe, in Russland ist das genau so. In deren Wahrnehmung wiegen vielleicht auch 10 negative Aspekte der Globalisierung viel schwerer als 1000 positive Aspekte.
Ich kann mir das jedenfalls gut vorstellen, dass man das in Moskau halt völlig normal findet, dass man Adidas-Kleidung trägt und bei McDonald's nen Burger einwirft, den man mit seiner Visa-Karte bezahlt. Man regt sich über im Grunde unwichtigen Kleinscheiß auf, und beachtet die ganzen positiven Aspekte gar nicht, weil man sich an die gewöhnt hat und die für normal hält. Erst jetzt merken die Moskauer, wie viel von ihrem täglichen Leben auf einem Fundament aus internationalem guten Willen und Kooperation gebaut war.
Meine Hoffnung im Moment ist, dass das Verschärfen der Sanktionen jetzt erstmal aufhört, vielleicht gar ein paar zurückgeschraubt werden. Jetzt wo die Russen gesehen haben, was man ihnen alles wegnehmen kann. Wenn wir die jetzt in die Armut zwängen, dann legen wir nicht das Fundament für eine friedliche gemeinsame Zukunft sondern für jahrzehntelange Ressentiments.
Westdeutschland nach dem Krieg wuchs mit Dankbarkeit an die Amerikaner auf, die Schokolade und Kaugummi unter den Kindern verteilten. Davon zehren die transatlantischen Beziehungen immer noch. Das ist m.E. das gewinnende Modell. Lieber weniger Peitsche und dafür mehr Zuckerbrot.
Feinde machen ist leicht. Freunde machen ist viel schwieriger. Lasst uns lieber Freunde machen.
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fefebot