War vorhin draußen in der Kälte …
Im Januar und Februar ist die Burger Innenstadt ungewohnt ruhig. An Auswärtigen gibt’s wohl nur Tagesbesucher und vielleicht noch ein paar, die Eigentumswohnungen als Feriendomizile haben.
Das ist auch traditionell die Zeit, wo im Einzelhandel am wenigsten los ist. Die Zeiten sind ziemlich vorbei, wo im Herbst Geschäfte ganz aufgegeben und in derselben Immobilie im nächsten Frühjahr ein neuer Laden aufgezogen wurde. Übrigens ist der Tabakladen neben Fantomas 2000 futsch.
Dafür machen inzwischen viel mehr Läden Winterpause. Spätestens Heiligabend hatten sie zuletzt auf, eines auf jeden Fall schon Mitte November. Von Anfang März bis Ostern werden sie dann peu à peu wieder öffnen.
Was ich von Bäckereien in Hamburg kenne, ist auf Fehmarn jetzt im Winter allgemein in weiten Teilen des Einzelhandels angekommen: Öffnungszeiten nur noch bis 17.00 Uhr. Allerdings sind die Öffnungszeiten auf Fehmarn traditionell stark saisonal schwankend, und jetzt gibt’s in den Läden, die überhaupt auf haben, ohne Dinge des täglichen Bedarfs anzubieten, vielfach eh nur Notbetrieb ohne Angestellte. Manche Läden haben nur bis 16.30 Uhr oder gar bis 16.00 Uhr auf. Ein Klassiker ist auch, am Mittwochnachmittag zu schließen, um dafür den halben Samstag geöffnet zu haben.
Interessanterweise suchen einige Ladenbetreiber zum 1. April neues Verkaufspersonal. Die Praxis, überschüssiges Personal vorübergehend zu entlassen und zum Frühling wieder einzustellen, aufgrund derer die Arbeitslosigkeit auf Fehmarn traditionell stark schwankt, scheint wohl nicht mehr so verbreitet zu sein.
Was mir übrigens auch aufgefallen ist: Die Zahl der Friseure und Hörgeräteakustiker steigt langsam, aber nur nördlich der Innenstadt an der Achse Niendorfer Straße/Bahnhofstraße. Bestehende Friseursalons halten sich derweil, etwa Schattschneider (auch in der Bahnhofstraße, wo früher mal mein Stammfriseur Lemansky war) oder MB (im Neubau an der Süderstraße).
Auf dem Burger Marktplatz steht eine Bühne, die aber – ungewöhnlich für einen Samstag – nicht benutzt wird.
Das Burg-Film-Theater – ein technisch modernes, ansonsten aber klassisches „Verzehrkino“ mit Tischen an den Plätzen, dem in puncto Gemütlichkeit keine Multiplex-Kette das Wasser reichen kann – hat Filmplakate in den Schaukästen, macht aber auch seinen traditionellen Winterurlaub. Allerdings geht es da ebenso traditionell schon Anfang März wieder los.
Winterpause macht traditionell auch alles, was Eis verkauft. Da hält sich aber alles wacker, was es schon seit Jahrzehnten gibt: Veneto (ganz früher mal Venezia) am Markt, Burg-Eis quasi schräg gegenüber, „Tante Barnasch“ an der Süderstraße, das normalerweise die längste Schlange hat, obwohl es da eigentlich kaum Laufkundschaft geben sollte (Europäer™, Zugezogene und Nicht-Generation-X-er kennen den Softeis-Klassiker eher unter dem Namen, der am Laden angeschrieben steht: Raddens Eis).
Die Zahl der Fahrradhändler nimmt auch nicht gerade zu, im Gegenteil. Aber Conny Ziemann hält sich. Der ist innerhalb relativ weniger Jahre letztes Jahr schon zum zweiten Mal umgezogen. Früher war er in der Süderstraße gegenüber der Kirche. Das ganze Gebäude ist längst abgerissen, vorher ist er an die Ecke zum Badstaven umgezogen, wo früher Marquardt war. Jetzt steht das seit Monaten leer mit verhängten Fenstern, und Conny ist fast genau gegenüber, wo ganz früher mal Schlachter Gäbel sein Hauptgeschäft hatte.
A propos Gäbel: Vielleicht erinnern sich noch ein paar Fehmaraner, daß Gäbel mal ein Zweitgeschäft an der Sahrensdorfer Straße hatte, wo vorher A&O Nölting drin war. Eine gute Gehminute von Westphal an der Ecke Sahrensdorfer/Mathildenstraße weg. A propos, Westphal gibt’s auch nicht mehr. Und à propos Sahrensdorfer, ich habe gar nicht geguckt, ob es die Bäckerei Börke an ihrer legendär ungünstigen Stelle noch gibt.
Und à propos Badstaven, dessen Sanierung ist wohl auch inzwischen fast komplett abgeschlossen, jedenfalls zur Süderstraße hin.
Meine ehemalige Stamm-Hausarztpraxis scheint es auf den ersten Blick noch zu geben. Das Schild hängt noch. Der Arzt lebt aber schon seit ein paar Jahren nicht mehr; der Wohnbereich darüber ist aber wohl noch bewohnt.
Das Haus direkt daneben auf der Stirnseite eines landwirtschaftlichen Gebäudes war früher mal ein Laden für Reitbedarf und gehörte zum Reiterhof Rickert. Nachdem da aber vor Jahrzehnten mal die ehemalige Scheune abgebrannt ist, ist Rickert nach Gahlendorf umgezogen. Seitdem steht der Laden leer. Der Gebäudeteil dahinter ist noch in Benutzung, aber die Ladenfassade ist längst rissig und wird von Stahlbändern zusammengehalten. Wer weiß, vielleicht dauert es nicht lange, und da entstehen die nächsten Wohnungen.
Gebaut werden aktuell – abgesehen von der Hinterlandanbindung der Festen Fehmarnbeltquerung – eh praktisch nur Wohnungen. Eigentumswohnungen. Dabei werden ältere, nicht mehr zeitgemäße Wohnungen, aber auch Einfamilienhäuser abgerissen. Ich weiß gar nicht, ob in Burg noch neue Einfamilienhäuser gebaut werden dürfen.
Hoffentlich werden die neuen Wohnungen dann auch wirklich zu dauerhaftem Wohneigentum. Ganz besonders Fehmarn hat ja traditionell das sattsam bekannte Problem mit Leuten, die sich Wohnungen oder ganze Häuser als Zweitwohnsitz und Feriendomizil kaufen, womöglich noch steuerlich abschreiben, ein- oder zweimal im Jahr hinfahren und sie dann um die elf Monate im Jahr ungenutzt lassen. Dünenweg und Stranddistelweg am Südstrand hatten das ja lange, bevor es cool war.
Platz für ganz neue Wohnviertel auf bisher unbebautem Grund wird eh kaum mehr ausgewiesen. Um die Jahrtausendwende wurde die Lücke zwischen Altem Postweg, Amselweg und Känguruhviertel geschlossen, die eh nur aus zwei winzigen, mit Landmaschinen schwer erreichbaren Feldern und einer kleinen Koppel bestand. Etwas später wurde östlich vom Ghetto Eschenweg angebaut und schräg gegenüber die Reiterkoppel Ecke
Strandallee, äh, Strandstraße/Grüner Weg mit dem Neubauviertel Neuhoben bebaut.
Ansonsten wird im 21. Jahrhundert lieber neu bebaut. Nachdem die durch den Ausbau des Inselgymnasiums zur Inselschule überflüssige Realschule – bis auf ein unter Denkmalschutz stehendes Gebäude – und das asbestverseuchte Inselkrankenhaus abgerissen wurden, entstand da neue Wohnbebauung. Ende der 2010er sind gegenüber der Burg-Klause zwei Einfamilienhäuser und landwirtschaftliche Restbebauung mit einer kleinen Handvoll Wohnungen abgerissen und ersetzt worden durch Neubauten mit 32 Wohnungen – und für fehmarnsche Verhältnisse viel zu wenigen Parkflächen.
Ganz zu schweigen von dem Halunken, der die Kreisverwaltung in Eutin geschmiert hat, um ungestört das unter Denkmalschutz stehende Empfangsgebäude des alten Burger Bahnhofs am Steinkamp abreißen und das Grundstück neu bebauen zu können.
Überhaupt verschwinden wohl langsam die Bauten im ehemaligen Bereich des alten Burger Bahnhofs. Von der ehemaligen Freien Tankstelle am Steinkamp existiert schon länger nur noch das Fundament. Am Raiffeisenweg entstehen auch neue Eigentumswohnungen. Die ehemalige Diskothek „Resi“ – in den 90ern zeitweise einer von sage und schreibe vier Tanzschuppen, die es in Burg gleichzeitig gab – ist wohl auch endgültig verschwunden. Ich schätze, in der Ecke wird in den nächsten Jahren noch weitere Wohnbebauung entstehen.
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Fehmarn #
Burg auf Fehmarn