Ein sehr langer Rant über die Situation der deutschen Autoindustrie (CW: DE-Politik)
Die Probleme der deutschen Autoindustrie sind doch hausgemacht. Genau das, was eigentlich für maximale Rendite sorgen sollte, wird ihr jetzt zum Verhängnis.
Die gesamte deutsche Autoindustrie pokert nämlich schon lange darauf, bis in alle Ewigkeit den technischen Stand von im Grunde genommen 1991 beibehalten zu können. Das war noch vor der Euro-2-Abgasnorm. Technologische Weiterentwicklungen hätten nämlich Geld gekostet. Die Ausgaben scheute man.
Und man hielt sie für unnötig. Die deutsche Autoindustrie hielt sich noch in den 90ern, in den 2000ern, sogar noch darüber hinaus für die technologischen Weltmarktführer. Warum sollte man selbst Innovation betreiben, wenn alle anderen immer noch weit hinterherhinken? Auf das deutsche Niveau werden die doch nie kommen! Nicht die Franzosen mit ihren Bastelbuden, nicht die Italiener mit ihren wahlweise untertechnisierten oder fehleranfälligen Schnellrostern, nicht die Schweden mit ihrer Landmaschinentechnik, nicht die Amis mit ihren Lkw-Fahrwerken und Uralt-V8-Vergasermotoren. Und die „Schlitzis“ in Fernost schon mal erst recht nicht mit ihren billigen Blechschachteln, die nichts weiter produzieren als schlecht abgekupferte deutsche Technik.
Wir sind doch eh allen anderen weit voraus
Eigentlich war das immer Autosuggestion. Man ließ die Motorpresse und die Stammtische Propaganda gegen ausländische Autobauer verbreiten – und glaubte die letztlich selbst.
Dabei waren die ersten Serien-Pkw mit Turbodiesel keine Mercedesse, auch keine BMWs, sondern Peugeots und Citroëns. Der Citroën CX war dreimal hintereinander schnellster Seriendiesel der Welt, erst mit einem Saugdiesel, dann mit zwei Turbodieseln, immer aber mit einer fast schon futuristischen Keilkarosserie, während bei den Karossen aus dem Ländle durchweg Sauger versuchten, von Paul Bracq eingekleidete Trutzburgen gegen den Fahrtwind anzustemmen.
Schon in den 80ern, spätestens in den 90ern zog Japan mit fortschrittlichen und zuverlässigen Autos davon. Gerade Toyota pflanzte sich an der Spitze der Pannenstatistiken fest. Übrigens waren es auch Toyota-Leute, die 1996 Porsche retteten, indem sie den kurz vor der Pleite stehenden Zuffenhausenern erklärten, wie man Autos effizient produziert. Das war in Deutschland bis dahin offenkundig völlig unbekannt.
Und heute? Selbst heute würden deutsche Autohersteller höchstens noch in neue Designs investieren – aber nicht in neue Technologien. Moderne Verbrennungsmotorentechnik würde zunächst einmal Geld kosten. Außerdem würden höhere Abgasnormen die Hubraumleistung reduzieren, und dann steht man vor der Konkurrenz schlecht da – es sei denn, man nimmt noch mehr Geld in die Hand. Die Motorelektronik darauf zu dressieren, Abgasprüfstände als solche zu erkennen und dann den Motor auf Euro 6 zu drosseln, während er auf Leistungsprüfständen und der Straße weiterhin volle Leistung bei bestenfalls Euro-1-Werten bringt, war billiger.
Wie man die Notwendigkeit von Innovation verhindert
Elektromobilität in jeglicher Form wäre noch teurer gekommen. Das wollten die deutschen Autohersteller ja jahrzehntelang regelrecht verhindern. VW hatte in den 80ern mal den Golf Citystromer mit Nickel-Cadmium-Akkus und geradezu lächerlichen Fahrleistungen. Der sollte immer schön herhalten als Sinnbild für Elektroautos – der und so futuristische Ultraleichtfahrzeuge mit superschmalen Vollscheibenrädern aus den späten 80ern, mit denen kein gesunder Mensch über Land fahren würde. Das Chevron-Texaco-Patent für Nickel-Metallhydrid-Akkus als primäre Energiequelle für Kraftfahrzeuge, das dann auf Nimmerwiedersehen in der Schublade verschwand, kam ihnen da gerade recht.
Und so blieben 80–100 km Reichweite bei 100 km/h Höchstgeschwindigkeit ein kaum überwindbares Maximum für Elektroautos.
Was auch immer an Bedrohungen aus dem Ausland kam, sollte in Grund und Boden geschmäht werden. Auch die Motorpresse, die ja ihr festes Ranking hatte, nach dem bestimmt werden sollte, welche Automarke welchen Vergleichstest gewinnt, war Teil davon. Elektromobilität in jeglicher Form sollte als Science-Fiction abgetan werden, entweder wirtschaftlich oder gar komplett unerreichbar. Und als Brennstoffzellen als Alternative zur Akkutechnik ins Spiel gebracht wurden, schürte man Angst vor Knallgasexplosionen, damit auch ja nicht in Richtung Serienreife investiert werden brauchte.
Sollte das alles scheitern, hoffte man, das Bundesverkehrsministerium würde neuen Technologien einen Riegel vorschieben, indem sie schlicht und ergreifend als „unsicher“ abgestempelt und per StVZO-Novelle in Deutschland verboten werden. Aber seit wann kamen irgendwelche Innovationen im Kfz-Bereich aus dem Ausland, hä?
Seit 2001. Da kam nämlich der erste Toyota Prius nach Deutschland und damit das erste Hybridauto. Das konnte noch belächelt werden mit seiner kaum vorhandenen elektrischen Reichweite. Und zum Spritkostensparen hatten wir in Deutschland ja Turbodiesel-Direkteinspritzer.
2005 begannen dann 16 Jahre Merkel und damit 16 Jahre weitestgehender politischer Stillstand. Ich meine, als Merkel 2021 abgewählt wurde, war Deutschland immer noch in großen Teilen auf demselben Stand wie 2005, und 2005 hinkte es in vielen Bereichen anderen Ländern schon hinterher – auch technologisch. Das hieß allerdings auch: Wenn die Autolobby irgendwelche ausländischen Technologien verbieten wollte, um weder alt aussehen noch für teuer Geld nachziehen zu müssen, dann wäre daraus nie und nimmer schnell genug ein Gesetz geworden.
Tesla: Die elektrische Revolution beginnt
2006 passierte es dann in den USA – ausgerechnet in dem Land, das assoziiert wurde mit schweren Straßenkreuzern auf Leiterrahmen mit schwabbelig blattgefederten Starrachsen und riesigen, ineffizienten V8-Motoren auf dem technischen Stand von bestenfalls 1952: Zwei Tüftler nahmen eine Lotus Elise, entkernten sie und bauten einen Elektromotor ein. Und haufenweise Lithium-Ionen-Akkuzellen von einem Typ, der eh schon massenhaft für Laptops produziert wurde. Ein E-Auto mit Akkuzellen von der Stange? Auf die Idee war kurioserweise vorher nie jemand gekommen – nicht mal darauf, überhaupt Lithium-Akkus zu nehmen.
So entstand der Tesla Roadster. Ein Auto, das nach deutschen Vorstellungen technologisch völlig unmöglich war. Auf der einen Seite war das eben keine lahme Krücke – bis auf die künstlich begrenzte Höchstgeschwindigkeit zog der Tesla Roadster mit seinem überbordenden Drehmoment so manch einen gestandenen Verbrennersportler die Hosen runter. Auf der anderen Seite garantierte er Reichweiten, die bis dahin komplett utopisch waren:
mehrere hundert Kilometer! Die Herstellerangabe lag bei 350 km, in der Praxis konnte das sogar noch übertroffen werden.
Der Tesla Roadster kam zu schnell für die Autolobby, um ein Verbot solcher Autos auf den Weg zu bringen, geschweige denn für das Bundesverkehrsministerium, um es auch einzuführen.
Dann ging es Schlag auf Schlag. Erst kam der Fisker Karma. Nicht nur der erste Vollhybrid-Pkw, sondern sogar ein Seriellhybrid, bei dem der Verbrenner nur ein Range Extender ist und keine mechanische Verbindung zu den Rädern mehr hat. Aber auch ohne erreichte der Karma ziemliche Reichweiten.
Dann kam der Tesla Model S, ein großes, komfortables Oberklasseschiff, das trotz seiner Größe auch ohne einen Range Extender eine Reichweite von über 400 Kilometern versprach und auch hielt – und sich trotz seines hohen Preises vom Fleck weg verkaufte wie warme Semmeln. Leute, die bis dahin Mercedes, BMW oder Audi fuhren, fuhren auf einmal Tesla. Das taten sie nicht nur fürs Klima oder wegen der hohen Spritpreise, sondern auch für den Fahrkomfort ohne einen Schüttelhuber unter der Haube und ohne Schalten. Außerdem ging der Model S an der Ampel mindestens so gut wie ein BMW M5 oder ein Mercedes E 63 AMG – ganz besonders, als 2015 die zweimotorige Allradversion kam.
Inzwischen gab es für die, die weniger Geld ausgeben und eh keine großen Distanzen herunterreißen wollten, auch den Kleinwagen Renault Zoé und den kompakten Nissan Leaf. Auch in den Klassen waren also vollelektrische Autos möglich – und verkauften sich sogar.
Und Deutschland?
Teilweise waren die deutschen Hersteller durchaus am Forschen. Aber das wirkte mehr wie reine Feigenblattforschung mit dem expliziten Ziel, damit nie zur Serienreife zu kommen, damit man für immer und ewig beim Verbrenner bleiben kann.
Audi präsentierte ein paar auf reinen Verbrennern basierende Studien namens e-tron, die aber allesamt aus irgendwelchen Gründen nie serienreif wurden. Und zwar auch noch, als andere Hersteller ein Elektroauto nach dem anderen auf den Markt brachten.
BMW brachte immerhin den i3, den ersten Kleinwagen seit den 50er Jahren – der aber fast nur in Dienst- und Mietwagenflotten ging. Zumindest hat der i3 eine Sache richtig gemacht: große, aber schmale Räder. Dazu gab es den i8 als Hybrid, der wie ein Sportwagen aussah, sich aber nicht annähernd wie einer fuhr und ziemlich offensichtlich von vornherein floppen sollte.
Mercedes forschte jahrelang an Brennstoffzellen herum, aber Serienfahrzeuge mit Brennstoffzelle lagen, wenn überhaupt, in ferner Zukunft. Man wollte den Anschein erwecken, es zumindest zu versuchen, wohl um das Ganze dann ergebnislos einzustellen. Derweil hat Toyota einfach mal den Mirai als Serienauto rausgetan.
Und dann war da noch Hyundai. Ausgerechnet Hyundai. Südkoreanische Autos konnten ja noch besser als Billigst-Schrott abgestempelt werden als japanische, zumal das, was Hyundai Anfang der 90er nach Deutschland brachte, sich eh nicht mit Ruhm bekleckerte. Inzwischen war Hyundai aber cool, aufsässig und innovativ geworden – und was lange noch an den Stammtischen als der automobile Bodensatz auf einem ähnlichen Niveau wie Lada galt – nur sehr viel weniger robust –, überholte rumsbums die komplette deutsche Autoindustrie.
Erst haben sie den Ioniq herausgebracht, und zwar als Verbrenner, als Hybrid – und rein elektrisch mit Kupferapplikationen am Auto. Sichtkupfer hatte es mindestens ein ganzes Jahrhundert lang nicht mehr an Autos gegeben. Dann haben sie den Kona angekündigt, und zwar auch mit einer rein elektrischen Variante. Ein SUV, das also einen Mörderverbrauch hätte haben müssen. Noch dazu ein Kompakt-SUV im Sinne von „da passen doch kaum Zellen rein“. Und der sollte mehr Reichweite haben als das „Wunderauto“ Tesla Model S. Inzwischen hat Hyundai mit dem Nexo sogar noch ein Kompakt-SUV mit Brennstoffzelle.
Ja, was ist jetzt, Deutschland?
Im Grunde kann man sagen, die deutsche Autobranche starrte auf die Entwicklung wie das Kaninchen auf die Schlange. Es zeigte sich: Wenn man selbst technologisch in den frühen 90ern stehenbleibt, dann bleibt die ausländische Konkurrenz eben nicht auf dem Stand der 80er, 70er oder früher. Die ganzen Stammtischparolen waren eben nur das.
Der Stammtisch hatte eh seine Funktion verloren. Im Gegensatz zur Politik war das Volk nämlich im Internet angekommen und informierte sich da über die Autobranche an den lobbygesteuerten Printmedien vorbei. Gerade unabhängige YouTuber ließen sich nicht von den drei großen deutschen Autokonzernen diktieren, was sie gutzufinden haben und was bitteschön nicht. Inzwischen übrigens auch die Profis nicht. Es ist nicht mehr nur der JP Kraemer, der sich diebisch über den Hyundai Ioniq 5 freut – es ist inzwischen auch der Qualmedie, der sich diebisch über den Kia EV6 GT freut. Und ja, das gucken Leute. Keiner von denen glaubt, JP wäre von Hyundai gekauft – zumal er privat immer noch einen Porsche Taycan fährt.
Die Netzwelt zeigte es schonungslos: Die deutsche Autoindustrie hinkte insbesondere Fernost hinterher.
Dabei wurden allerdings die Autohersteller von ihren eigenen Zulieferern unter Druck gesetzt. Nicht nur die „Big Five“ (Mercedes, VW nebst Audi und Porsche sowie BMW) hatten einen gewaltigen Innovationsstau aufzuholen, sondern die gesamte Zulieferindustrie hätte umgekrempelt werden müssen. Und die wollte das nicht, denn Elektroautos brauchen ganz andere Komponenten als Verbrenner.
Bosch wurde z. B. richtig groß durch Komponenten wie Kraftstoffeinspritzungen. In den 70ern fingen sie meines Wissens sogar an, Einspritzanlagen in die USA zu exportieren, wo die strengen kalifornischen Abgasvorschriften mit Vergasermotoren nicht einzuhalten waren, aber niemand Kraftstoffeinspritzungen für Straßen-Pkw bauen konnte. Im Grunde ist Boschs ganzes Business-Modell auf die unverminderte Produktion von Pkw mit Verbrennungsmotoren bis in alle Ewigkeit ausgelegt.
Elektroautos brauchen aber keine Kraftstoffeinspritzungen. Spezifische E-Auto-Komponenten kann Bosch wiederum nicht produzieren, die haben sie nie entwickelt, weil auch sie auf „deutsche Verbrennerautos für immer“ pokerten. Die wird es aber nicht geben. Die Industrie würde sie gern produzieren, weil sie dann Geld scheffeln kann mit längst abgeschriebenen Technologien, aber immer weniger Leute wollen sie kaufen.
Insbesondere VW entschied sich dennoch als erster deutscher Hersteller für die Elektromobilität im großen Stil – allerdings nicht wegen der Nachfrage, sonder wegen des Abgasskandals. Niemand traute mehr VW-Verbrennern. Hätte VW nicht den ID.3 in Serie gebracht, gefolgt von anderen ID-Modellen, wäre der Konzern möglicherweise noch schneller im Eimer gewesen.
Auch andere Hersteller zogen nach. Bei Porsche dürfte der Grund ganz einfach gewesen sein, was mit Elektromotoren an Elastizitätswerten möglich ist, zumal das Schalten ja entfällt und die Power ohne Verzögerung über ein riesiges Drehzahlband zur Verfügung steht. Und Mercedes brachte seine EQ-Modelle wahrscheinlich, um nicht hinterherzuhinken. Die Brennstoffzelle schaffte es leider nur in den halbgaren GLC F-Cell, der, obwohl sogar ein Brennstoffzellenhybrid, nur eine magere Reichweite hatte und nur als Firmenwagen erhältlich war.
Einerseits zieht nun die deutsche Autoindustrie allmählich an bei der Produktion von Elektrofahrzeugen. Je mehr das geschieht, desto mehr kommt die einheimische Zulieferindustrie ins Hintertreffen. Sie finden immer weniger Abnahme für ihre Komponenten für Verbrenner, und auch deshalb haben sie nicht die Kraft, in E-Auto-Technologien zu investieren – zumal andere Hersteller, und zwar vielfach aus dem Ausland, das jetzt schon sehr gut können oder die Autohersteller diese Komponenten kurzerhand selbst produzieren.
Trotzdem Absatzprobleme
Andererseits lindert das aber nicht die hausgemachten Absatzprobleme. Auf dem einheimischen Markt kommen die ganz einfach durch die hohen Preise zustande. Die Kaufpreise der VW-ID-Familie liegen allesamt mindestens eine Klasse über der Fahrzeuggröße. Der ID.3 gilt als Kompaktwagen wie der Golf und ist innen derweil so geräumig wie ein Passat. In annehmbarer Ausstattung geht er aber preislich in Richtung Audi A6.
Man könnte also ein Auto derselben Klasse sehr, sehr viel billiger als Verbrenner kaufen. Wenn man denn einen Verbrenner wollte. Wenn nicht, bekommt man aus Südkorea das bessere Auto für dasselbe Geld.
Und dann drängen jetzt auch noch mehr und mehr chinesische Marken auf den Markt. Die Zeiten, wo Shuanghuang schamlos den BMW X5 abkupferte, Geely eine Art Toyota Corolla mit der Frontpartie einer Mercedes-C-Klasse der Baureihe 203 zusammenschusterte und ein Jiangling Landwind an der Crashbarriere wie ein Kartenhaus in sich zusammenfiel, sind vorbei. Chinesische Autos sind inzwischen ernsthaft gut.
Vor allem aber macht China Elektroautos nicht nebenher wie Südkorea oder zwangsweise wie Deutschland, sondern hauptsächlich. Aus China kommt mehr Innovation für die Elektromobilität als von woanders, ganz besonders im Bereich der Akkus. Chinesische Hersteller konzipieren E-Autos durch die Bank von vornherein als E-Autos, statt wie vielfach noch bei anderen Herstellern üblich die E-Technik in Autos zu schustern, die eigentlich als Verbrenner konstruiert wurden.
Und vor allem kaufen die Chinesen ganz besonders in den großen Städten praktisch nur noch E-Autos. Die haben ganz einfach die Nase voll von dem Smog, der früher über chinesischen Metropolen hing, herausgepustet zu einem erheblichen Teil aus archaischen Vergasermotoren und unaufgeladenen Vorkammerdieseln ohne jegliche Abgasreinigung. Übrigens hängt da kein Smog mehr – ein Verdienst der Elektromobilität.
Jetzt wundert sich VW, warum die Chinesen keine VWs mehr kaufen wollen. Dabei liegen die Gründe auf der Hand. Erstens sind VWs mitnichten besser als einheimische Autos. Zweitens sind sie in derselben Klasse teurer als einheimische Autos. In Summe stimmt bei VWs das Preis-Leistungs-Verhältnis nicht mehr. Drittens sind VWs technisch veraltet, weil Volkswagen es nicht für nötig hielt, genug in technische Innovationen zu investieren, um die Marke endlich komplett im 21. Jahrhundert ankommen zu lassen. Und viertens – wozu eine „Importmarke“ kaufen, wenn man auch gute einheimische Autos kaufen kann?
Konservative deutsche Autostammtische stellen es gern so dar: VW bietet technisch hochmoderne und hochwertige Autos an in einem Dritte-Welt-Land, das selbst nur Klapperkisten in 90er-Jahre-Optik mit bestenfalls 70er-Jahre-Technik bauen kann. Die größten, schicksten und besten Autos im Land sind deutsche Autos. Wenn deutsche Autohersteller in China keine Neuwagen bauen würden, könnte man mit einem rostigen alten Seelenverkäufer ausgelutschte VW Passat 32b und 190er Mercedesse von Bremerhaven nach Shenzhen schippern, und die würden einem da aus den Händen gerissen, weil die Chinesen nichts Besseres hätten.
Die Realität sieht eher so aus: VW versucht, den Chinesen Autos anzudrehen, die hoffnungslos überteuert und vor allem hoffnungslos veraltet sind – Autos in moderner Optik, aber in mancherlei Hinsicht technisch auf dem Stand von vor über 30 Jahren. Derweil baut China 2024 die Autos von 2024 für 2024. Nächstes Jahr bauen sie die Autos von 2025 für 2025. Und ein VW Passat mit Verbrennungsmotor kann nicht mal mit der in China einst so begehrten Version mit langem Radstand dem vollelektrischen ET7 der chinesischen Kultmarke Nio das Wasser reichen.
VW ist in China inzwischen etwas für Ewiggestrige mit zuviel Geld, eine Marke, die mal ein Statussymbol war, aber komplett aus der Zeit gefallen ist – ähnlich wie hierzulande Cadillac. Und es würde mich nicht wundern, wenn VW sich bald vom chinesischen Markt komplett zurückziehen darf – ähnlich wie hierzulande Cadillac.
Übrigens – und auch das ist bezeichnend für die Situation – importieren deutsche Autohersteller für deutsche Automodelle für den deutschen Absatzmarkt vielfach Akkus von chinesischen Herstellern aus China. Nicht etwa, weil China-Akkus zwar nicht so gut sind, aber billiger, und dadurch die Rendite besser ausfällt. Sondern ganz einfach, weil China Akkus besser kann als irgendein anderes Land auf der Welt – und Deutschland Akkus im Grunde
überhaupt nicht kann, auch weil es auch bei dieser Technologie nie im 21. Jahrhundert angekommen ist.
In spätestens ein, zwei Jahren wird aus China höchstwahrscheinlich das erste Serien-E-Auto kommen, das unter Praxisbedingungen über 1000 km mit einer Akkuladung schafft. Die Motorpresse wird mit sich hadern und sich fragen, ob sie lieber diese Innovation feiern oder die Stammtische bedienen soll, nach deren Ansicht der Wagen nie auch nur 300 km schafft – und nach dem dritten Mal Aufladen nicht mal mehr 100, weil es ja „Chinaschrott“ ist. Im Netz wird es Berichte von tatsächlichen Marathonfahrten geben und von Leuten, die ihren Wagen einen Monat lang nicht aufgeladen haben. Die werden die Stammtische, für die das Internet immer noch Neuland und zutiefst suspekt ist, anzweifeln. Trotzdem wird das Fahrzeug ein ähnlicher Erfolg wie damals der Tesla Model S, den man ja auch anfangs für so, wie beworben, völlig unmöglich hielt.
Derweil werden die Aufsichtsräte der drei großen deutschen Automobilkonzerne weiterhin signifikante Modernisierungsinvestitionen verweigern, weil darunter die Managerboni und Dividendenausschüttungen leiden werden. Solange Innovationen nicht vollumfänglich von Bund und Ländern bezahlt werden, und zwar als Subventionen und nicht als Kredite, wird es sie auch nicht geben.
Sie wünschen sich Schwarz-Gelb, um über diese Parteien mittels saftiger Parteispenden nicht nur immer heftigere Importzölle auf Autos durchzusetzen, die moderner sind als deutsche, sondern auch ein garantiertes Weiterbestehen des Verbrenners als hauptsächlicher Pkw-Antrieb für die nächsten Jahrtausende – und auf EU-Ebene nie wieder neue Abgasnormen.
Und dann wundern sie sich, wenn immer mehr Deutsche trotzdem lieber koreanische oder chinesische E-Autos als deutsche Verbrenner kaufen.
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