Wie Fediverse-Nutzer Facebook-Nutzer ins Fediverse einzuladen versuchen und wohin; CW: lang (über 7.300 Zeichen), Fediverse-Meta, Fediverse-über-Mastodon-hinaus-Meta, Facebook erwähnt, Bluesky erwähnt
Im Fediverse ist die Hölle los. Das, worauf wir seit 2010 warten, ist eingetreten: Facebook steht kurz davor, so unerträglich zu werden, daß Leute von da abhauen wollen.
Daran sind aber einige Gruppierungen im Fediverse beteiligt.
Zunächst einmal würde die Friendica-Community am liebsten möglichst viele Facebook-Nutzer nach Friendica holen, das ja 2010 ausdrücklich als Facebook-Alternative an den Start ging. Das können sie aber nicht, weil keiner der Friendica-Veteranen mehr auf Facebook ist.
Statt dessen wollen überraschend viele
Mastodon-Nutzer Facebook-Nutzer nach
Friendica einladen. Wohlgemerkt, das bis vor kurzem noch ein direkter Mastodon-Konkurrent war. Massenweise Mastodon-Nutzer senden jetzt Hilferufe in den Äther, weil sie selbst von Friendica über den Namen hinaus keine Ahnung haben.
Und dann gibt's natürlich die, die Facebook-Leute nach Mastodon holen wollen. Zu einem Möchtegern-Twitter-Klon. Da gibt's tatsächlich vier Sorten:
- die, die nur Mastodon kennen und glauben, das Fediverse sei nur Mastodon
- die, die mit ihren Facebook-Freunden in Verbindung bleiben wollen, aber das Fediverse nie verstanden haben, vor allem die Föderation zwischen verschiedenen Serveranwendungen (du kannst von deinem Twitter-Klon aus jemandem auf einer Facebook-Alternative folgen), und die glauben, das klappt nur, wenn ihre Freunde auch alle nach Mastodon kommen
- die fanatischen Mastodon-Fundis die so von Mastodons totaler Überlegenheit über das ganze restliche Fediverse überzeugt sind, daß sie sich in jeden Thread, indem es um Umzug nach Friendica geht, einmischen und statt dessen einen Umzug nach Mastodon vorschlagen
- die, die es ganz einfach nicht ertragen können, wenn jemand sich bei etwas anmeldet, das nicht Mastodon ist, selbst wenn es mit Mastodon verbunden ist
Genau wie die Friendica-Community wartet auch die Hubzilla-Community schon lange auf genau das, was jetzt passiert. Sie geht tatsächlich sogar in einen direkten Konkurrenzkampf gegen Friendica.
Der große Unterschied ist allerdings, daß Friendica besser vorbereitet ist. Es hat eine leichtere Oberfläche, es hat bessere offizielle Dokumentation, und vor allem hat es
native Smartphone-Apps. Als Rückfalleben gibt's sogar die Mastodon-Client-API, obwohl Mastodon-Apps keine 10% von Friendicas Funktionsumfang abdecken. Aber sogar auf Facebook sind viele Nutzer hart abhängig von einer Smartphone-App, die sie aus dem Apple App Store oder dem Google Play Store installieren können. Wenn es für etwas keine App gibt, existiert es für sie nicht.
Derweil versucht die Hubzilla-Community, Facebook-Nutzer auf ein Hubzilla zu holen, das sogar für Umsteiger von Friendica nicht bereit ist, geschweige denn für solche von Facebook. Es baut immer noch auf einer Idee vom Fediverse von 2012 auf, einer Vision eines Grid aus Hubzilla-Hubs, an das alles, womit Hubzilla sich sonst noch so verbinden kann, als Satelliten angehängt ist, und das Friendica obsolet macht. Diese Vision ist durch den Erfolg von Mastodon selbst veraltet.
Hubzilla ist so komplex, daß sogar Veteranen immer wieder neue Sachen lernen, die es schon seit Jahren gibt. Aber die eingebaute Dokumentation ist lückenhaft, hoffnungslos veraltet und vielfach schlicht und ergreifend fehlerhaft. Sie wird gerade neu geschrieben, aber die aktuelle Version gibt's nur auf
einer Dritt-Website, und selbst der, der sie schreibt, lernt immer noch Neues über Hubzilla.
Hubzilla ist voller Hürden für Neulinge. Es wird gern angepriesen als mit dem ganzen Fediverse verbunden, aber in Wahrheit ist ActivityPub in neuen Kanälen deaktiviert, weil nomadische Identität damit nicht gut klarkommt. Nicht nur daß, sondern statt einfach einen Schalter in den Einstellungen umzulegen, muß man eine "App" "installieren", um Mastodon-Konten folgen zu können. Und wenn du als Hubzilla-Newbie einfach so mit Standardeinstellungen lospostest, werden deine Posts wahrscheinlich nicht mal öffentlich sein. Es dauert eine ganze Weile, um einen Hubzilla-Kanal so einzustellen, daß er ordentlich funktioniert.
Aber die größte Hürde ist immer noch das fast völlige Fehlen einer Smartphone-App. Es gibt zwar eine App names Nomad. Aber die gibt's nur für Android. Auf F-Droid. Die benutzt hauptsächlich die Weboberfläche, statt eine eigene native Mobiloberfläche zu haben. Und sie ist seit fünf Jahren unangetastet und kann auf neueren Geräten nicht mal mehr installiert werden. Natürlich kann man Hubzilla auch als Progressive Web App installieren. Aber der durchschnittliche Facebook-Nutzer hat noch nie von Progressive Web Apps gehört und braucht etwas, was er aus dem Apple App Store oder Google Play Store installieren kann.
Ehrlich gesagt würde ich sogar sagen, daß es für Facebook-Umsteiger einfacher wäre, nach (streams) umzusteigen als nach Hubzilla. Es ist verschlankt, und das war tatsächlich schon die erste Generation an Hubzilla-Forks. Es ist moderner und mehr ans heutige Fediverse angepaßt, weil die Entwicklung von allem nach Hubzilla nicht dadurch ausgebremst wurde, daß so ein Software-Monster mitgeschleift werden mußte. Es ist immer noch komplex, es ist immer noch mindestens so sicher wie Hubzilla, aber es ist einfacher zu handhaben, weil es darauf ausgelegt ist, was heutzutage in der täglichen Handhabung tatsächlich gebraucht wird.
Und trotzdem herrscht in der kleinen (streams)-Community Stille. In der offiziellen (streams)-Gruppe habe ich noch keine Regungen gesehen bezüglich Einladen von Facebook-Nutzern nach (streams). Ich glaube nicht, daß die gesamte (streams)-Community hinterm Mond lebt und die bevorstehende Facebook-Auswanderungswelle erst noch bemerken muß.
Vielleicht sind sich der Hindernisse wie dem Fehlen von Smartphone-Apps für (streams) noch mehr bewußt. Vielleicht trauen sie keinem neuen (streams)-Nutzer, der nicht vorher durch die Hubzilla-Schule gegangen ist. Vielleicht sind sie selbst nicht sicher, ob (streams) inzwischen wieder stabil genug ist.
Aber vielleicht liegt das schlicht und ergreifend daran, daß man auf (streams) kaum ein Zuhause finden kann. Das Problem ist nicht, daß (streams)-Instanzen notorisch schwer zu finden sind, weil es außerhalb von (streams) selbst nirgendwo Listen öffentlicher (streams)-Instanzen gibt. Das Problem ist eher, daß es von vornherein kaum (streams)-Instanzen gibt.
Meines Erachtens gibt's drei öffentliche (streams)-Instanzen mit offener Registrierung. Eine ist Rumbly in den USA, das um einiges mehr an Nutzern aufnehmen könnte, als es hat. Eine ist die neue Inkarnation von Nomád in Ungarn, die aber keiner kennt. Und die dritte ist Diversi Spiritus in Brasilien, das in den letzten Monaten derartig viele Probleme hatte, daß ich niemandem empfehlen würde, sich da zu registrieren, auch weil der Admin schon mit dem Gedanken gespielt hat, die ganze Instanz plattzumachen und neu aufzusetzen.
Das heißt, vielleicht schaffe ich es ja doch, jemanden dazu zu bringen, von Facebook nach (streams) umzusteigen. Irgendwo muß man ja anfangen.
Na ja, und zu guter Letzt sind da die, die allen Ernstes Leute von Facebook ausgerechnet nach Bluesky einladen wollen.
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