Nicht alles, was unter „Weihnachtslied“ läuft, ist auch eins (CW: Weihnachten, Wham!)
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Es ist schon verrückt, was so alles unter „Weihnachtslied“ läuft. Vielfach halten die Leute ja knallhart daran fest: „Ja, das sind Weihnachtslieder, Punkt, Ende der Diskussion. Weil, is’ so.“
Aber viele davon sind gar keine Weihnachtslieder. Das sollte man in den meisten Fällen mit einem gewissen Mindestgrad an Textverständnis bemerken. Nur wer versteht heutzutage Liedtexte?
„Have Yourself A Merry Little Christmas“: kommt aus einem Film und wird da von Judy Garland gesungen – ihr kennt sie vielleicht auch als Dorothy in „Der Zauberer von Oz“. Weder im Filmkontext noch in dem Lied selbst geht es um Weihnachten, sondern ums Wiedersehen irgendwann mal. Zu so etwas wie einem Weihnachtslied wurde es erst nach einer Textänderung. Ja, Textänderung. Man höre sich mal das Original von Judy Garland an und lese parallel den Songtext.
„Stop The Cavalry“ (Jona Lewie): kein Weihnachtslied, sondern ein Antikriegslied. Es erwähnt nur eben „Christmas“ im Text und enthält an zwei Stellen danach Schlittenglocken – wobei, wie ich weiter unten schreiben werde, auch Schlittenglocken nichts rein Weihnachtliches sind.
„Last Christmas“ (Wham!): auch kein Weihnachtslied. Nein, wirklich nicht. Sondern ein Liebeslied.
Wenn es danach ginge, wäre auch Stevie Wonders „I Just Called To Say I Love You“ ein Weihnachtslied, weil „Christmas“ im Text einer Strophe vorkommt.
„The Power Of Love“ (Frankie Goes To Hollywood): noch sehr viel weniger ein Weihnachtslied, sondern auch ein Liebeslied. Ein etwaiger Weihnachtsbezug wurde durch die Darstellung der Geburt Jesu im Musikvideo konstruiert. Gerade dieses Lied kann man tatsächlich das ganze Jahr hören. Doch, tatsächlich.
„Winter Wonderland“, „Frosty The Snowman“, „Suzy The Snowflake“ usw.: keine Weihnachtslieder, sondern Winterlieder. Selbst in den USA sind weiße Weihnachten eher die Ausnahme als die Regel – außer vielleicht in den Rocky Mountains, in der Sierra Nevada oder in Bundesstaaten wie Minnesota, North Dakota und South Dakota, wo es der Folklore nach das Fehlen von Schnee ist, das eher die Ausnahme als die Regel ist.
„Jingle Bells“, „Sleigh Ride“, „Jingle Bell Rock“ usw.: auch keine Weihnachtslieder, sondern auch wieder Winterlieder, in denen es ums Schlittenfahren geht. Gerade im ach so populären „Jingle Bells“ hängen vor besagtem Schlitten obendrein nicht neun Rentiere, sondern ein einzelnes Pferd. Übrigens ist die Chance, mit einem Pferdeschlitten herumfahren zu können, im Februar sehr viel größer als um Weihnachten. Und auch im Februar kann man Schlittenglöckchen verwenden. Hat man früher tatsächlich als Warnsignal, weil ein Pferdeschlitten auf Pulverschnee annähernd lautlos ist, um den überhaupt hörbar zu machen.
„Baby, It’s Cold Outside“: auch kein Weihnachtslied. Es glorifiziert nicht mal den Winter. Statt dessen nutzt ein Mann die tatsächliche oder vielleicht auch nur implizierte Winterkälte, um eine Frau am Gehen zu hindern.
„Let It Snow! Let It Snow! Let It Snow!“: auch kein Weihnachtslied. Es glorifiziert den Winter sogar noch viel weniger. Es stellt ihn auch nicht einfach nur als kalt und ungemütlich dar, sondern in Form eines handfesten Schneesturms. „The weather outside is frightful“ und so. Und dann geht dem Paar im Haus auch noch das Kaminfeuer aus, wahrscheinlich, weil das Feuerholz alle ist und keiner rausgehen will, um Nachschub zu holen. Sagen wir mal so: Ende 1978 hätte es nicht Weihnachten beschrieben, sondern die Schneekatastrophe, die direkt nach den Feiertagen losging. Weihnachten 1978 war übrigens auch nicht weiß.
Das neueste Ding scheint jetzt zu sein, Weihnachtssampler mit Gospel aufzufüllen. Wohlgemerkt, Gospel, der nichts, aber auch gar nichts mit Weihnachten zu tun hat.
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